Parlamentarischer Abend 2016
Von Menschen und Märkten
Parlamentarischer Abend 2016
Die Bedeutung von Wettbewerb und Wahlfreiheit für eine personenzentrierte sowie inklusive Sozialwirtschaft standen im Mittelpunkt des diesjährigen Parlamentarischen Abends in der Parlamentarischen Gesellschaft in Berlin. Hierzu durfte der Brüsseler Kreis wieder zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Verwaltung und Verbandswesen begrüßen.
Die Förderung des gesellschaftspolitischen Austausches über aktuelle Herausforderungen und Perspektiven der sozialen und gesundheitlichen Dienstleistungserbringung ist ein bedeutsamer Arbeitsschwerpunkt des Brüsseler Kreises. Dies wurde auch beim diesjährigen Parl. Abend mit dem Titel „Von Menschen und Märkten - Wettbewerb und Wahlfreiheit für eine personenzentrierte und inklusive Sozialwirtschaft“ wieder deutlich, der am 12. April 2016 in der Parlamentarischen Gesellschaft in Berlin stattfand. Im Mittelpunkt stehe für den Brüsseler Kreis dabei stets der offene Diskurs in praktischer Absicht, den es offen und ohne Scheuklappen zu führen gelte, so Prof. Dr. Hanns-Stephan Haas, Sprecher des Brüsseler Kreises, in seiner Begrüßungsrede. „Von Menschen und Märkten“ sei ein solches Diskussionsthema, das den offenen Streit brauche, so Haas weiter. Es gehe um die Klärung von Fragen, wie beispielsweise inwieweit es notwendig sei, dass das Wahlrecht gerade auch für sozial benachteiligte Menschen erhalten bleibe oder es einen Zusammenhang zwischen gesellschaftlichen Teilhaberechten und Kundensouveränität gebe?
Die Bundestagsabgeordneten Frau Gülistan Yüksel (Raumpatin für den diesjährigen Parl. Abend) und Frau Dr. Daniela De Ridder im Gespräch mit Georg Kruse (stellv. Sprecher Brüsseler Kreis) und Stefan Kerk (Foto: BK) |
Deutlich wurde dies insbesondere durch den pointierten Impuls von Christian Dopheide, Vorstand der Evangelischen Stiftung Hephata. Bei sozialrechtlichen Reformvorhaben, behördlichen Initiativen und Hintergrundgesprächen, so Dopheide, seien immer wieder Tendenzen zu erkennen, dass die Zahl derer zunehme, die das Wunsch- und Wahlrecht als eine Art Hemmschuh bei der Modernisierung des Sozialstaats empfänden.
Der Brüsseler Kreis weist seit Gründung jedoch nachdrücklich darauf hin, dass bei allen Strukturreformen, so auch beispielsweise bei der Entwicklung eines Bundesteilhabegesetzes, stets der Bürger in seiner individuellen Lebenssituation im Zentrum des Interesses stehen muss. Wettbewerbliche Lösungen, sofern diese intendiert sind, erfordern es, dass Nutzer einer Leistung möglichst frei entscheiden können. Letztlich können nur sie urteilen, ob die versprochene Qualität auch ankommt und ihren Bedarfen und Erwartungen entspricht. Im Sinne einer sozialen Marktwirtschaft muss es folglich darum gehen, Rahmenbedingungen zu schaffen, die das Wunsch- und Wahlrecht stärken. Wettbewerbliche Modelle können aber auch so gestaltet sein, dass sie das Wahlrecht der Nutzer beschneiden (z.B. die Ausschreibung sozialer Dienstleistungen). Kostenvorteile, die auf diesem Wege besonders leicht erreichbar scheinen, erweisen sich aber nur allzu oft als eine Illusion. Denn die Rolle des Nutzers als Koproduzent einer sozialen Dienstleistung gerät bei solchen Modellen regelmäßig aus dem Blick.
Die Entwicklungen zeigen, so Dopheide abschließend, dass jene Gesellschaften Reüssieren werden, die den sozialwirtschaftlichen Sektor als eine neue, volkswirtschaftlich relevante Branche begreifen und ihn deshalb so ordnen, dass der Nutzer in die Rolle eines Kunden kommt – auf dass er, so weit als eben möglich, selbst entscheide, wer für ihn der richtige ist.
Der gesamte Impulsvortrag von Christian Dopheide inkl. Vorwort von Prof. Dr. Hanns-Stephan Haas ist in der Dokumentation zum Parlamentarischen Abend enthalten. Diese wird nach Fertigstellung in einigen Wochen ebenfalls zum Download auf der Homepage des Brüsseler Kreises bereitgestellt und kann über die Geschäftsstelle in Druckversion bestellt werden.